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Ressourcen für Veränderungsprozesse

Ressourcenplanung für Veränderungsprojekte

„Projekte brauchen kein Budget. Weder finanziell noch zeitlich. Stattdessen ist die Projektarbeit durch die Mitarbeiter zusätzlich zu deren eigentlicher Aufgabe zu verrichten. Das sorgt für Auslastung und Überstunden. Und das Unwichtige bleibt von allein liegen.“

(Regber 2006: 52)

Diese Einlassung eines Projektmanagers aus einem deutschen Konzern ironisiert ein zentrales Problem für das Scheitern von Projekten. Bei vielen Verantwortlichen ist die Vorstellung weiterhin anzutreffen, dass Veränderungsprojekte für die Beteiligten keinen zusätzlichen Aufwand bedeutet: Das schafft die Projektgruppe bzw. die Projektleitungen doch problemlos neben dem Tagesgeschäft. Über diese Fehleinschätzung des zeitlichen Aufwands für die einzelnen Phasen im VISITS-Phasenmodell hinaus werden häufig die Gesamtdauer des Veränderungsprozesses, die anfallenden Kosten oder das notwendige Wissen unterschätzt. Reichen die Ressourcen nicht aus, werden oftmals die Ziele den verfügbaren Ressourcen angepasst, sprich: nach unten definiert. Das kann jedoch für die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen fatale Folgen haben. Unternehmen, nicht nur die im Technischen Service, tun gut daran, für ausreichende Ressourcen zu sorgen, deren Verfügbarkeit für die Projektbeteiligten auch gesichert ist.

Nachfolgend werden einige Hinweise zur Ressourcenplanung gegeben, wobei sich auf die für die Projektbearbeitung notwendigen Ressourcen konzentriert wird – sekundär sind somit die Investitionsmittel für die erarbeitete Lösung. Die für das Projekt benötigten Ressourcen
setzen sich vorwiegend aus den klassischen Faktoren Zeit, Finanzen sowie Personal und Know-how zusammen. Die relevante Frage lautet im Anschluss: Wie können die erforderlichen Ressourcen einigermaßen verlässlich vor dem Projektstart abgeschätzt und geplant werden?

Die Ressourcen und ihre Abschätzung

Betriebliche Veränderungsprojekte – und das gilt im Grundsatz für alle Projekte – sind per se unsicher, da sie auf Zukunft gerichtet sind: Es können jederzeit nicht vorhersehbare Geschehnisse eintreten, die zwangsläufig Einfluss auf den Projektverlauf und die Projektressourcen haben werden. Wenn es gut läuft, sind diese Auswirkungen für das Unternehmen und das Projektteam positiv und sie können unter Umständen Zeit, Geld oder Personal einsparen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die nicht absehbaren Ereignisse meist negative Folgen nach sich ziehen: Die geplante Projektlaufzeit reicht nicht aus, es müssen zusätzliche Gelder bereitgestellt werden etc.

Damit Veränderungsprojekte nicht aus dem Ruder laufen, müssen die Verantwortlichen abschätzen, welche Aufwände bzw. Kosten im Laufe der Projektlaufzeit anfallen:

„Nach DIN 69901-5 ist der Kostenplan die Darstellung der voraussichtlich für das Projekt anfallenden Kosten, welche auch den Kostenverlauf enthalten kann“.

(Alam/Gühl 2020: 99)

Die per se ungenauen Aufwandsschätzungen lassen sich mittels verschiedener Verfahren durchführen (vgl. zum Folgenden Kuster et al. 2019: 171; Alam/Gühl 2020: 100):

  • Analogien ziehen: Durch die Bezugnahme auf vergleichbare bzw. ähnliche Veränderungsprozesse lassen sich die Schätzungen konkretisieren. Hierbei ist Erfahrungswissen erforderlich sowie die Fähigkeit, die Vergleichbarkeit zu beurteilen, um nicht „Äpfel und Birnen“ gegeneinander abzuwägen.
  • Analytisches Vorgehen: Das Veränderungsprojekt wird in einzelne Teile bzw. Arbeitsschritte unterteilt, die sich unter Umständen aufgrund ihrer Überschaubarkeit besser einschätzen lassen.
  • Verknüpfung beider Vorgehensweisen.

Unabhängig vom verwendeten Verfahren sollten Aufwandschätzungen von einer größeren Gruppe, in der Regel dem Projektteam, vorgenommen werden, da die Projektgruppe
verschiedene Spezialist:innen umfassen wird, die für ihr jeweiliges Fachgebiet genauere Schätzungen abgeben können; zudem führt ihr
Mitwirken an der Aufwandsermittlung zu mehr Akzeptanz bei den Beteiligten. Letztlich steht gleichwohl die Projektleitung in der Verantwortung für die Kostenabschätzung.

Schätzverfahren sind unabwendbar unsicher, wobei das Dunkel der Zukunft nur eine Quelle der Unsicherheit ist; darüber hinaus treten diverse allgemeingültige Fehler bei Schätzungen auf (vgl. zum Folgenden Kuster et al. 2019: 174, von Känel 2020: 171 f.):

  • Im Verlauf des Veränderungsprozesses verändern sich bisher gültige Parameter bzw. Annahmen.
  • Häufig zu beobachten ist ein unbegründeter Optimismus: „Das wird schon klappen.“ Dieser Optimismus mag einmal Resultat des Erwartungsdrucks seitens der Geschäftsführung sein, ein andermal mag er aus einer gewissen Selbstüberschätzung der Projektverantwortlichen resultieren.
  • Der Veränderungsprozess verläuft planlos, die einzelnen Phasen und Iterationsschleifen sind nicht ausreichend vorstrukturiert worden (Vorgehensmodell).
  • Bauchgefühl und übertriebene Exaktheit sind zwei Seiten derselben Medaille: Während im ersten Fall zu „locker aus dem Bauch heraus“ geschätzt wird, wird im zweiten Fall mit einem unrealistischen Anspruch an Genauigkeit an die Schätzung herangegangen. Beides wird der Aufgabe einer angemessenen Aufwandsschätzung nicht gerecht.
  • Die beabsichtigten Veränderungen, seien sie nun technischer, organisatorischer oder personeller Art, sind für das Unternehmen sehr bzw. zu neu; die fehlende Vertrautheit führt zu schlechten Abschätzungen.
  • Schätzungen werden vielfach mit Blick auf die benötigten Ressourcen zu niedrig angesetzt, weil sich so die Chancen für die
    Promotor:innen erhöhen, dass die geplante Veränderungsmaßnahme überhaupt genehmigt wird: Niedrige Ressourcenansätze beugen Ablehnungen mit Begründungen wie „zu teuer“, „die Zeit haben wir nicht“ oder „das Personal dafür fehlt uns an allen Ecken und Enden“ vor.

Zu den konkreten Faktoren der Ressourcenplanung im Einzelnen:

Zeit

Der Faktor Zeit bezieht sich auf die Dauer einer Veränderungsmaßnahme: Wie lange darf bzw. kann der Prozess dauern? Die Praxis zeigt, dass vielfach zu optimistisch geschätzt wird: „Das kann ja nicht so schwer sein, eine passende Software zu beschaffen und zu installieren. Das wird ja wohl nicht mehr als drei Monate brauchen, so dass wir das neue System im September einsetzen können.“ Ausgeblendet wird – voller Vorfreude und Hoffnung auf die erwarteten positiven Effekte – dass eine Reihe von technischen (Softwarekompatibilität, Schnittstellen etc.), personellen (Akzeptanz, Qualifizierung etc.) und organisatorischen Herausforderungen (Zugriffsrechte, Datensicherheit etc.) warten.

Abhilfe vermag ein Zeitplan bzw. Ablaufplan, etwa als Gantt-Diagramm schaffen, der trotz aller Unwägbarkeiten Termine für die einzelnen Phasen (Vorgehensmodell) setzt und definiert, welche Aufgaben mit welchen Ergebnissen jeweils am Ende der Phase resp. des Arbeitspakets vorliegen sollen – hierbei sind Puffer einzurechnen.

Wie die Termine konkretisiert werden, hängt u.a. von verschiedenen Faktoren ab:

  • Komplexität des Veränderungsprozesses: Sind im Unternehmen schon ähnliche Reorganisationsprojekte durchgeführt worden, existieren somit Erfahrungswerte, die es erlauben, die Termine etwas „knapper“ zu setzen.
  • Neuigkeitsgrad der Veränderung bzw. „Wandel niedriger und hoher Intensität“ (Bergmann/Garrecht 2021: 280): Verknüpft mit dem vorherigen Aspekt ist die Frage, wie neu die Veränderung für das Unternehmen ist. Dabei gilt: Je innovativer die Maßnahme für das Unternehmen ist, desto mehr Zeit sollte eingeplant werden; je inkrementeller die Veränderung ist, desto zügiger kann die Veränderungsmaßnahme geplant und umgesetzt werden.
  • Größe des Veränderungsprojektes: Betrifft die geplante Maßnahme nur wenige Arbeitsplätze, etwa eine digitale Unterstützung der Kundeninteraktion im Service, wird die benötigte Zeit bis zur Implementierung wahrscheinlich niedriger sein als bei einer Maßnahme, die über das gesamte Unternehmen ausgerollt werden soll.
  • Verfügbarkeit der Ressourcen (vgl. von Känel 2020: 202).

Sehr wahrscheinlich werden die Terminsetzungen im Verlauf des Veränderungsprojektes dem realen Verlauf angepasst werden müssen. Hierbei ist es für den Erfolg des Vorhabens wichtig, realistisch und auf den gemachten Erfahrungen rekurrierend die neuen Termine zu planen. Eine (vermeintliche) Gesichtswahrung, indem die Termine trotz neu aufgetretener Probleme weitgehend beibehalten oder nur minimal angepasst werden, wird in der Regel zu weiteren Schwierigkeiten führen.

Personal und Know-how

Die Beschäftigten nehmen bei Veränderungsprozessen zwei Rollen ein: Zum einen wurden manche in das Projektteam berufen und sollen aufgrund ihrer betrieblichen Stellung oder ihres spezifischen Know-hows mitwirken; zum anderen sind die Beschäftigten nicht nur quasi ‚Objekt‘ des Veränderungsprozesses, sondern auch Subjekt, da sie von den Folgen der Maßnahme Betroffene sind, aber zugleich im Zuge der Partizipation auch als ‚Expert:innen ihrer eigenen Arbeit‘ an dem Veränderungsprozess mitwirken sollen.

Unabhängig von der konkreten Rolle der einzelnen Beschäftigten im Veränderungsprozess sind personelle Ressourcen einzuplanen: Die Mitarbeit in der Projektgruppe erfordert zeitliche
Ressourcen. Auch die betroffenen Beschäftigten müssen, wenn sie sich aktiv beteiligen sollen, zeitliche Freiräume erhalten – dies erfordert zusätzliches Beschäftigungsvolumen. Die immer wieder zu beobachtende Situation, dass die projektbezogenen Aufgaben on top zu erledigen sind, führt zu Überforderungen und Frustration bei den Projektbeteiligten. Dementsprechend müssen die notwendigen Personalressourcen von der Geschäftsleitung und den jeweiligen Linienverantwortlichen zugesichert werden.

Neben der zeitlichen Verfügbarkeit des Personals gilt die Frage zu klären, ob die benötigten Qualifikationen und Kompetenzen im eigenen Personalstamm zu finden sind; dabei sind die benötigten Kompetenzen vielfältig und umfassen u.a. – verteilt auf die Projektgruppenmitglieder – technische, organisatorische oder Human-Resource-Kompetenzen. Sind die Kompetenzen nicht im Unternehmen verfügbar, muss über Beauftragung externer Beratung nachgedacht werden.

Finanzen

„Können wir uns das Vorhaben (jetzt) überhaupt leisten?“

(von Känel 2020: 45)

Ein zentrales Thema, gerade für Klein- und Mittelbetriebe, ist grundsätzlich der finanzielle Projektaufwand. Vielfach nicht mit üppigen Finanzreserven gesegnet, versuchen die Unternehmen, so sparsam wie möglich den Veränderungsprozess zu gestalten. Das führt immer wieder zu Engpässen, weil, ähnlich wie bei den anderen betrachteten Ressourcen, auch der finanzielle Aufwand aufgrund von Wissensdefiziten nur geschätzt werden kann; hinzu gesellt sich erschwerend „das taktische Verfälschen des vorhandenen Wissens über tatsächliche oder zumindest mutmaßliche Kosten“ (Bergmann/Garrecht 2021: 341), etwa durch Angabe niedriger Kosten, das geplante Projekt durchführen zu können.

Die anfallenden Kosten sind auskömmlich zu planen und nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die Einführungs- und Folgekosten einzubeziehen. Es ist immer wieder zu beobachten, dass – am Beispiel der Einführung eines digitalen Tools – nur die Hard- und Softwarekosten veranschlagt werden, alle anderen finanziellen Aufwendungen werden – zumindest implizit – als „Eh-da-Kosten“ betrachtet: Gemeint sind damit alle Fixkosten, die (vermeintlich) nicht gesondert für das Projekt anfallen, wie beispielsweise Raumkosten oder Entgelte für Zeitlöhner:innen. Dieses (bewusste oder unbewusste) Ignorieren der Kosten führt zu Konflikten, wenn etwa Linienvorgesetzte ihre Beschäftigten nicht oder nicht im erforderlichen Umfang für Projekttätigkeiten freistellen wollen, weil ansonsten das Tagesgeschäft leidet und das Erreichen des Bereichsziels in Gefahr gerät; die Betroffenen selbst sind frustriert, weil sie neben ihrer eigentlichen Arbeit noch das Projekt mitbetreuen sollen und selbst sehen müssen, wie sie das zeitlich bewältigen können (s.o.).

Daraus folgt, dass eine finanzielle Ressourcenplanung von Veränderungsprojekten folgende Posten berücksichtigen sollte (vgl. zum Folgenden Kuster et al. 2019: 187; von Känel 2020: 211):

  • Personalkosten
  • Infrastrukturkosten
  • Investitionen für Anschaffungen
  • Kosten für (externe Beratung)
  • übrige direkte Kosten wie Spesen, Gebühren und Versicherungen

Eine Kostenplanung ist somit obligatorisch, bevor sich die Frage stellt, ob das Veränderungsprojekt angesichts der verfügbaren bzw. benötigten Ressourcen überhaupt durchführbar ist (Abb. 1).

Abb. 1: Prüfung der Finanzierbarkeit eines betrieblichen Veränderungsprojektes (Quelle: eigene Darstellung nach von Känel 2020: 45)

Fazit

Der Beitrag fokussierte die grundsätzlichen Rahmenbedingungen der Ressourcenplanung; für eine ausführliche Darstellung, insbesondere der diversen Methoden zur Ressourcenplanung, zur Kostenplanung oder auch Zeit- und Terminplanung, vergleiche im Speziellen von Känel (2020).

Der Beitrag verdeutlicht die grundlegende Ressourcenplanung, die für die Durchführung neuer Projekte erforderlich ist: Ob orga-nisatorische Maßnahmen oder die Einführung einer digitalen Anwendung, die erfolgreiche Umsetzung der Veränderungsmaßnahmen basiert nicht zuletzt auf einer sorgfältigen Planung zeitlicher, personeller und finanzieller Kapazitäten. Genaue Analysen im Vorfeld, der Rückgriff auf Erfahrungswissen aus ähnlichen Projekten und die Einberechnung unvorhergesehener Entwicklungsverläufe erleichtern die verlässliche Ressourcenplanung.

Literatur

Alam, D.; Gühl, U. (2020): Projektmanagement für die Praxis. 2. Aufl. Berlin.

Bergmann, R.; Garrecht, M. (2021): Organisation und Projektmanagement. 3. Aufl. Berlin.

von Känel, S. (2020): Projekte und Projektmanagement. Wiesbaden.

Kuster, J.; Bachmann, C.; Huber, E.; Hubmann, M.; Lippmann, R.; Schneider, E.; Schneider, P.; Witschi, U.; Wüst, R. (2019): Handbuch Projektmanagement. 4. Aufl. Berlin.

Regber, H. (2006): Das ABC des Scheiterns. Wie Veränderungsprojekte nachhaltig schief gehen. In: OrganisationsEntwicklung, Ausgabe 1, S. 52-59.