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Interaktionsarbeit

Einleitung

Mit dem Begriff der Interaktionsarbeit bezeichnen die Sozialwissenschaften einen Arbeitstyp, mit dem jeder Mensch (fast) tagtäglich zu tun hat: Sei es, dass man beim Haareschneiden sitzt, sich in der Arztpraxis untersuchen lässt oder abends in der Volkshochschule einen Töpferkurs besucht. Bei all diesen Freizeitbeschäftigungen, ungeliebten, aber notwendigen Handlungen oder in Anspruch genommenen Dienstleistungen, müssen Menschen miteinander kommunizieren und eine Beziehung zueinander aufbauen. Das gilt für Kund:innen und Patient:innen gleichermaßen wie für Friseure, Ärzte oder VHS-Dozent:innen – die Friseurin bzw. der Friseur weiß nur, welchen Schnitt man wünscht, wenn man mit ihm oder ihr den Wunsch
bespricht; der Arzt oder die Ärztin muss für die Diagnose wissen, wo es drückt oder zwickt; der oder die VHS-Dozent:innen benötigen Informationen über Vorkenntnisse und Erwartungen von Teilnehmenden an den Kurs. Zudem: Ohne die aktive Mitwirkung von Kund:innen, Patient:innen oder Kursteilnehmenden ist mit großer Wahrscheinlichkeit kein zufriedenstellendes Ergebnis der Dienstleistung zu erwarten.

Gleiches gilt für die Leistungserbringung im Technischen Service. Die kundenspezifischen Anforderungen und Erwartungen an die Servicedienstleistung müssen gemeinsam mit dem Kunden geklärt werden. Dies gilt sowohl für die längerfristige Auftragsklärung (z.B. Leistungsbeschreibungen über Wartungsrahmenverträge) als auch für die operative Arbeit der Servicebeschäftigten im geplanten Wartungs- oder gar ungeplanten Störfall. Insbesondere bei Letzterem ist die Kommunikation mit dem Kunden oder der Kundin besonders wichtig für eine schnelle Störungsbehebung. Hintergrundinformationen zum Kontext sind hier ebenso entscheidend wie die konkrete Situationsbeschreibung, die Lokalisation und Auswirkungen der Störung sowie die bisherigen Störungsdiagnosen, Daten und kundenseitigen Erfahrungen mit der Anlage.

Die Beispiele deuten bereits an, dass Zusammenarbeit und Kommunikation in der Dienstleistungsbranche nicht zwingend problemlos abläuft. Die berühmt-berüchtigten Google-Sternchen oder die selbst beauftragten Kundenbefragungen spiegeln wider, wie gut aus Sicht der Kundschaft die Dienstleistung erbracht worden ist – oder eben nicht. Häufig bricht bei schlechten Bewertungen betriebsintern ein Aktionismus aus: Die Beschäftigten werden von ihren Führungskräften aufgefordert, den „Kunden als König zu sehen“ oder zu beherzigen, dass der „Kunde immer Recht hat“ – nur meist ändern diese wohlfeilen Hinweise die grundlegende Situation nicht, außer, dass die Frustrationsschraube bei den Beschäftigten weitergedreht wurde.

In vielen Fällen wird die Bedeutung von Interaktionen im unternehmerischen Tagesgeschäft unterschätzt: Mit der Kundschaft reden kann ja nicht so schwer sein; diese Fähigkeit bringt doch jede oder jeder quasi von Natur aus mit. Zugestanden wird, dass sich manche aus der Kundschaft ungehörig verhalten, aber da könne man nichts machen, denn eine der beiden oben genannten Aufforderungen tritt unverzüglich in Kraft. Für die Beschäftigten kann diese Selbstverständlichkeit, mit der die Interaktionsarbeit häufig wahrgenommen wird, fatale Folgen haben: Sie fühlen sich überfordert, nicht genügend wertgeschätzt, sind hochgradig belastet oder gehen im Extremfall in die innere Kündigung (vgl. Institut DGB-Index Gute Arbeit 2018).

Übersehen wird vielfach einerseits, dass sich Interaktionsbeziehungen gestalten lassen und andererseits, dass sich die Beschäftigten in Technischen Services zukünftig noch mehr in Interaktionen behaupten müssen (Markt- und Kundenanforderungen, wirtschaftliche Lage). Die betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten sind vielfältig: beispielsweise durch Schulungen, durch (organisatorische oder technische) Reduzierung des Kundenkontakts, durch Standardisierung der Dienstleistungen oder durch Einsatz digitaler Technologien. Um die Gestaltungspotenziale im eigenen Unternehmen ausloten zu können, muss in einem ersten Schritt geklärt werden, was Interaktionsarbeit ist und wie sie sich bei technischen Dienstleistungsunternehmen niederschlägt. Daraus lässt sich ermitteln, welche Qualifikations- und Kompetenzanforderungen auf die Beschäftigten zukommen. Auf dieser Basis kann die unternehmensspezifische Gestaltung Guter Interaktionsarbeit vorangetrieben werden. Der sich ergebende Nutzen wird für beide Seiten – Unternehmen und Belegschaft –, aber auch für das Kundenunternehmen spürbar sein.

Was ist Interaktionsarbeit?

Schlägt man für einen ersten Zugriff auf dessen Bedeutung den Begriff Interaktion im Duden nach, liest man zwei Antworten: „aufeinander bezogenes Handeln zweier oder mehrerer Personen; Wechselbeziehung zwischen Handlungspartnern“ (Duden), die den Inhalt, um den es nachfolgend gehen soll, gut skizzieren. Generell interagieren Menschen in ihrem Leben, sei es beruflich oder sei es privat, ständig miteinander: die Unterhaltung am Frühstückstisch, der Smalltalk am Mittag in der Kantine, die Anamnese bei der ärztlichen Untersuchung oder die telefonische Störungsbeseitigung eines Defekts im Kundenunternehmen.

Für eine sozialwissenschaftliche Perspektive lässt sich auf dieser Definition aufbauen. Dabei drückt der Begriff Interaktionsarbeit zweierlei aus: Zum einen wird verdeutlicht, dass in den meisten beruflichen Tätigkeiten Interaktionen ein Bestandteil der Aufgabenbeschreibung sind; Beispiele wurden angeführt. Zum anderen bilden Interaktionen eine zentrale Ingredienz der täglichen Arbeit – ‚Arbeit mit Menschen‘; diese Fälle werden in den Sozialwissenschaften als Interaktionsarbeit bezeichnet.

In erster Linie findet sich Interaktionsarbeit bei den personalen und sozialen Dienstleistungen, wo sie den Kern der Arbeit ausmachen, aber auch in anderen Dienstleistungsbranchen oder der Industrie, in der die „Arbeit mit Gegenständen“ (Verdi 2018: 5) dominiert, nehmen sie zu. Bezogen auf den Technischen Service ist die Interaktionsarbeit nicht der „Kern der Arbeit“, wie etwa bei sozialen Dienstleistungsberufen (Altenpflege, Schule etc.), sondern „ergänzend zu sachbezogenen Aufgaben“ (wie Wartung, Inbetriebnahme oder Störungsbeseitigung) zu betrachten (Böhle 2018: 36), die eindeutig im Vordergrund der Dienstleistung stehen. Für technische Services bedeutet das beispielsweise Kundenberatung, Projektdurchführung oder Wartung und Instandsetzung.

Einer aktuellen Umfrage zufolge leisten rund zwei Drittel aller Erwerbstätigen inzwischen Interaktionsarbeit:

„2018 arbeiten insgesamt 63 Prozent der Beschäftigten in Deutschland sehr häufig oder oft in direktem Kontakt mit Kundschaft, PatientInnen, Lernenden und anderen betriebsexternen Personengruppen. Selbst in klassischen Industriebranchen wie dem Maschinen- und Fahrzeugbau sind es 34 Prozent.“

Institut DGB-Index Gute Arbeit 2018: 5

Vor dem Hintergrund dieser statistischen Werte ist Interaktionsarbeit kein Randphänomen in der heutigen Arbeitswelt. Aber was charakterisiert Interaktionsarbeit? Die folgenden Merkmale von Interaktionsarbeit sind für deren gute Gestaltung besonders relevant:

Abb. 1:  Merkmale von Interaktionsarbeit

Das Ergebnis einer Dienstleistung erfordert das Zusammenwirken von Kundschaft und Dienstleistendem, da „beide Seiten einen spezifischen aktiven Beitrag erbringen müssen, damit die Dienstleistung entsteht“ (Menz 2012: 119). Diese „Ko-Produktion“ (Hoffmann/Weihrich 2012) und deren Ausgestaltung ist entscheidend für den Erfolg der Kunden-Dienstleister-Beziehung und für die Qualität der Dienstleistung. Diese Betrachtungsweise wird in Zukunft noch ausschlaggebender, da die Interaktionen zwischen Kund:innen und Dienstleistenden zunehmen und intensiver werden. (Wettbewerbssituation im Technischen Service)

Der Prozess der Dienstleistungserstellung ist von divergierenden Interessen (z.B. Gewinnerzielung vs. kostengünstiger Einkauf von Dienstleistungen) seitens der Beteiligten geleitet und wird deswegen nicht (immer) konsensual erfolgen; vielmehr versuchen beide Seiten, ihre Interessen zu wahren, was zu Konflikt führen kann.

Die Mitwirkung seitens der Kundschaft an der Ko-Produktion erschwert die Disposition des Leistungserstellungsprozesses: Weder wissen die Beschäftigten vielfach, mit wem sie es zu tun haben werden, was für sie belastend ist bzw. sein kann, noch können die Unternehmen die personellen und zeitlichen Kapazitäten betriebswirtschaftlich optimal planen (vgl. Koppold/Lödding 2015).

Die Herstellung der Ko-Produktion sowie die Unwägbarkeiten und Unsicherheiten in der konkreten Interaktion bedeuten für die Beschäftigten, dass sie sich auf die Kund:innen einlassen müssen:

„Deshalb muss er eine Vorstellung von den Wünschen und dem Wissen des Klienten haben, um ihn erfolgreich beeinflussen oder beraten zu können.“

(Hacker 2018: 32)

Dies geschieht durch Sprache bzw. Kommunikation sowie durch die Beeinflussung der Kundschaft. Diese Interaktion ist eingebettet in einen Zwiespalt, den die Beschäftigten zu bewältigen haben: Auf der einen Seite müssen sie die Interessen ihres Unternehmens im Blick behalten (Kundenzufriedenheit, Kundenbindung, Umsatz und Gewinn, Image etc.), auf der anderen Seite haben sie einen berufsethischen Anspruch, die Kund:innen in deren Sinne fachlich korrekt zu beraten und die Dienstleistung dementsprechend zu erbringen.

Was ist Interaktionsarbeit im Technischen Service?

In allen Tätigkeitsfeldern, in denen der Technische Service agiert, sind Interaktionen erforderlich (Wettbewerbssituation im Technischen Service), um die Dienstleistung zu erbringen. Dabei interagieren die Beschäftigten mit einer Vielzahl von Akteuren – sowohl innerbetrieblich als auch extern. Die Abbildung 2 illustriert die Vielfalt potenzieller Kontakte einer oder eines Technischen Servicebeschäftigten.

Abb. 2: Beispielhafte Interaktionen eines Technischen Servicebeschäftigten

Jede einzelne Interaktion erfordert von den betroffenen Beschäftigten, sich zu vergegenwärtigen, mit wem sie es zu tun haben, und sich auf das Gegenüber einzustellen. Dabei wird es Unterschiede geben zwischen Interaktionen mit internen oder mit externen Personen, interne Interaktionen mit Führungskräften oder anderen Teammitgliedern, Interaktionen mit Personen, die ein vergleichbares Wissensniveau aufweisen, oder mit Personen, die eine Anlage bedienen und eher zufällig von einer Störung betroffen sind. Demzufolge sind die Servicetechniker:innen immer in der Position des Experten; auf der Kundenseite hingegen können sie es mal ebenfalls mit Expert:innen zu tun haben und mal mit Laien und Laiinnen – aber es bleibt immer ein tendenziell asymmetrisches Verhältnis zwischen den beiden Parteien. Neben den Wissensunterschieden sind zugleich persönliche Befindlichkeiten zu berücksichtigen. Oder wie es ein befragter Teamleiter formulierte:

„Nein, also, nicht jeder (Kunde – d.A.) ist ja gleich, das wissen wir ja. Der eine hätte gerne den Bauch gestreichelt, der andere möchte gerne gleich wissen, was Sache ist, was jetzt die nächsten Schritte sind, die man einleitet.“

Teamleitung Service 1 InLog

Das Zitat deutet die geforderte Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten an: Nicht immer muss jede oder jeder Beschäftigte jede Rolle einnehmen, aber in der Regel müssen sie schon verschiedene Rollen einnehmen. In einschlägigen Studien wurden die folgenden Funktionen empirisch herausgearbeitet (vgl. zum Folgenden Koch 2010: 150 ff.; Menz 2012):

Die Beschäftigten vor Ort sind das Bindeglied zu den Kund:innen: Die Monteur:innen oder Inbetriebnehmer:innen sind bei den Kund:innen und sprechen mit ihnen, klären und konkretisieren die Aufgaben oder erläutern, wo es Probleme gab und wie sie gelöst wurden. Sie sind in gewisser Weise das Gesicht des Dienstleistungsunternehmens, sie werden wahrgenommen, der Kontakt läuft auf einer persönlichen Ebene – manchmal persönlich vor Ort, manchmal telefonisch oder per Videokonferenz:

„Weit gefasst heißt Serviceorientierung damit nicht allein die Erfüllung konkreter Dienstleistungswünsche der Kunden, sondern eben auch die Herstellung einer allgemeinen, von den Kunden als angenehm, gastlich, nett (oder was auch immer von Kundenseite goutiert wird) empfundenen (Interaktions-)Atmosphäre.“

(Menz 2012: 124)

Mit der eben beschriebenen Serviceorientierung verknüpft ist die Funktion als Vertriebler:in oder wie ein Geschäftsführer betonte:

„Wenn Sie sich das mal überlegen, ist der erste Vertriebler der Obermonteur.“

(Geschäftsführer RegTec)

Die Beschäftigten sehen im Rahmen ihrer Einsätze im Kundenunternehmen, wo weitere Probleme (potenziell) existieren oder an welchen Anlagen neue Vorschriften greifen, sprechen die Kund:innen darauf an, beraten sie und haben unter Umständen bereits eine Lösung parat – und schon ist ein neuer Auftrag akquiriert. Allerdings gibt es hierbei einen schmalen Grat.

Aus dieser Funktion heraus können die Beschäftigten die beim Kundenunternehmen gewonnenen Informationen und Einschätzungen an interne Abteilungen, insbesondere den Vertrieb, aber auch die Konstruktion oder den Einkauf als Informationsmedium weiterreichen.

Zentral ist ebenfalls die Funktion als Unternehmensrepräsentant:in: Die Kund:innen verstehen die oder den Beschäftigten, mit der oder dem sie direkt zu tun haben, als pars pro toto: Machen die Beschäftigten einen schlechten Eindruck, fällt das auf das Unternehmen zurück. Das gilt sowohl für den fachlichen Teil (hier ist kundenseitig ein hohes Niveau gefordert) als auch für das Auftreten (Pünktlichkeit, Freundlichkeit etc.).

Immer wieder in der Diskussion, gerade bei den Servicetechniker:innen, die vor Ort oder remote Störungen beheben müssen, ist die Funktion als Prellbock: Die Beschäftigten bekommen als Erstes den Ärger der Kund:innen zu spüren, muss diese beschwichtigen und freundlich und kompetent die Situation bereinigen.

Eine zentrale fachliche Aufgabe beschreibt die Funktion als Detektiv: Es gilt in vielfältigen Situationen herauszufiltern, was die Kundschaft will oder welche Ursache eine Störung hervorruft. Unabdingbar hierfür sind fachliche Qualifikation, aber zugleich werden Kompetenzen benötigt, um von den Kund:innen die benötigten Informationen zu erhalten: Welche Symptome sind bei der Störung aufgetreten? Welche Features benötigt die neue Kundenanlage? etc. Diese Funktion als Detektiv kann zu Problemen im Arbeitsablauf führen:

„Die Analyse der erhobenen Daten deutet tentativ darauf hin, dass in erster Linie mangelnde Instruktionen durch den Kunden zu Problemen führen.“

(Henk 2008: 62 f.)

Interessanterweise wird dies u. a. begründet mit fehlender Fachkompetenz beim Kundenunternehmen, fehlender interkultureller Kompetenz bei den Servicebeschäftigten oder einem Zuviel an Höflichkeit den Kund:innen gegenüber (Henk 2008: 63 f.):

 „Einem enttäuschten oder verärgerten Kunden wird nicht gesagt, dass eine befriedigende Lösung seines Problems nicht möglich war, weil seine Instruktionen fehlten. Die Servicemitarbeiter vermeiden Schuldzuweisungen und lange Erklärungsversuche zu Gunsten schneller und höflicher Antworten und Entschuldigungen. Dieser Verzicht auf Deutlichkeit, um Höflichkeit zu gewährleisten, führt jedoch auch dazu, dass die Kunden nicht hinreichend erfahren, wie ihr Verhalten den Erfolg der Serviceleistung, der ja auch in ihrem Interesse liegt, gefährden.“

(Henk 2008: 64)

Auch bei den VISITS-Projektunternehmen herrscht diese Einstellung vor:

„Nein, da halten wir uns zurück. Wir werden da nicht hingehen und den Leuten da irgendwo den Schwarzen Peter zuschieben. (…) Aber jetzt hingehen und denen den Schwarzen Peter zuschieben und sagen: ‚Hör mal, dass liegt jetzt nur da dran, weil du (…)‘, das werden wir nicht tun.“

Obermonteur RegTec

In diesen Funktionen spiegeln sich insbesondere eine Service- und eine Vertriebsorientierung wider, aber zugleich, obwohl weniger offensichtlich, gibt es eine Steuerungsorientierung (vgl. Menz 2012: 127 f.): Kund:innen sollen zu einem bestimmten Verhalten ‚erzogen‘ werden. Das drückt sich beispielsweise bei InLog darin aus, dass vertraglich fixiert wird, wer im Störungsfall kundenseitig anrufen soll, um zur Vereinfachung der Störungsbeseitigung eine oder einen fachlich kompetenten Ansprechpartner:in im Kundenunternehmen zu haben:

„(…) ist bei uns klar strukturiert. Der Kunde bekommt auch am Anfang vom Projekt ein Organigramm: Welche Person ihm zugeteilt ist und wer für ihn dann auch zuständig ist.“

Projektleitung 2 InLog

Oder, dass bei der telefonischen Störungsannahme die Kundenseite geleitet wird:

„Ich muss ihn schon ein bisschen, ja, wie sage ich immer, führen, ohne dass er es merkt.“

Projektleitung 2 InLog

Komprimiert man Funktionen und Orientierungen, lassen sich drei zentrale Muster erkennen (Tab. 1), die nochmals verdeutlichen, dass die Beschäftigten sich in diverse Rollen einfinden bzw. verschiedene Funktionen ausüben müssen. Diese Funktionen bzw. Orientierungen erfordern von den Beschäftigten unterschiedliche Qualifikationen und Kompetenzen, die einem ständigen Wandel unterliegen.

Tabelle 1: Grundorientierungen interaktiver Arbeit bei Servicetechniker:innen

Welche Anforderungen stellt Interaktionsarbeit an die Beschäftigten?

Die aktuelle Diskussion über die zukünftigen Tätigkeitsbedarfe geht davon aus, dass sich die Anforderungen an die Prozesse, aber insbesondere auch an die Beschäftigten im Technischen Service verändern werden, etwa in die Richtung eines „Smart Service-Ingenieurs“ (Brumby 2017). Dies bedingt perspektivisch Qualifikations- und Kompetenzerweiterungen in den Dimensionen Akquise und Kundenorientierung und insbesondere Interaktionskompetenz. (Digitalisierung)

In einer genaueren Betrachtung der notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen von Servicetechniker:innen lassen sich folgende Ansprüche erkennen. In Bezug auf die Qualifikationen ist eine abgeschlossene Berufsausbildung unabdingbar. In vielen Fällen ist eine gewerbliche Ausbildung ausreichend; dies gilt insbesondere für Instandhaltungs-, Wartungs- oder Inbetriebnahmetätigkeiten. Welche Ausbildungsrichtung relevant ist, hängt von dem konkreten Einsatzfeld ab: Meist handelt es sich um die Ausbildungsgänge Mechatronik, Elektrik/Elektronik oder Automatisierungstechnik, aber auch die ‚älteren‘ Ausbildungen wie die des Schlossers sind zu finden; vorteilhaft ist eine weiterführende Ausbildung als Techniker:in (vgl. Pfeiffer 2017a: 344). Deshalb lassen sich die Beschäftigten im Technischen Service als „spezialisierte Allrounder“ charakterisieren, die „sowohl ihr individuelles Spezialgebiet besetzen als auch gegenüber dem Kunden tendenziell für alle aufkommenden Fragen als kompetenter Ansprechpartner erscheinen“ (Pfeiffer 2017b: 345) müssen. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, wäre eine systematische Schulung von Interaktionsarbeitskompetenzen in den genannten Ausbildungsberufen sinnvoll.

In einigen Aufgabenfeldern im Technischen Service sind Hochschulabschlüsse erforderlich: Das gilt besonders für Aufgaben in der Projektierung, der Softwareentwicklung oder für Führungspositionen; die Absolvent:innen stammen meist aus den Fachbereichen Wirtschaftsingenieurwesen oder Informatik (mit entsprechenden Spezialisierungen).

Insbesondere die Qualifikationen lassen sich erweitern durch entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen, deren Ausgestaltung etwa auf der DIN EN 15628:14 als Grundlage für die Qualifikation des Instandhaltungspersonals basiert. So bietet beispielsweise der TÜV Nord ein „Personenqualifizierungsprogramm Instandhaltungs-Fachkraft“ für Fachkräfte mit entsprechender Berufsausbildung sowie zwei Jahren Berufserfahrung an; der Schwerpunkt liegt auf fachlichen Themen, die sogenannten ‚weichen‘ Themen sind indes – wie in der gewerblichen und universitären Ausbildung – unterrepräsentiert.

Neben einer qualifizierten Ausbildung müssen die Beschäftigten im Technischen Service über eine Reihe von Kompetenzen verfügen, deren Bedeutung stetig steigt. Unterschieden wird zwischen Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz.

Die Fachkompetenz ähnelt der Qualifikation. Qualifikation bildet die Grundlage für Fachkompetenz, um neue fachliche Fragen in der Arbeit kreativ auf Basis des vorhandenen Wissens zu bewältigen. Dies gilt beim Technischen Service naturgemäß in besonderem Maße für den Fortschritt bei Technologie und Technik; dazu zählt die Aktualisierung von Kenntnissen über Neuerungen bei Maschinen und Anlagen und deren Komponenten, deren Einsatzmöglichkeiten bei den Kundenunternehmen oder den von Zulieferunternehmen kommenden Gerätschaften, aber auch der technischen Normen und Vorschriften (vgl. Pfeiffer 2017a: 343).

Verknüpft mit der Fachkompetenz ist die eher prozedurale Methodenkompetenz. Beziehen sich Qualifikation und Fachkompetenz auf das „Wissen im engeren Sinne“ (Erpenbeck/Sauter 2013: 27), geht es bei der Methodenkompetenz um die „Bewältigung des Unplanbaren“ (Böhle et al. 2004). Das meint, dass die Beschäftigten Probleme analysieren, Lösungen suchen und diese bewerten müssen. Vor diesem Hintergrund wurden Servicetechniker:innen als „planmäßige Pedanten“ (aufgrund des notwendigen analytischen Vorgehens) beschrieben, die zugleich „Improvisationskünstler“ (Pfeiffer 2017b: 345) sein müssen. Diese Anforderungen nehmen aufgrund der digitalen Vernetzung stetig zu; vertieftes Verständnis von Prozessen und Netzwerkstrukturen wird unabdingbar (vgl. Zinke et al. 2017: 25). Aber sie steigen zugleich, weil die Kundenunternehmen anspruchsvoller werden und Zeit ein immer kostbareres Gut ist: Die Kundenunternehmen drängen auf schnelle Lösung bei Störungen, so dass die schnelle Ermittlung der Störungsursache für die Beschäftigten im Technischen Service in Verbindung mit ihren Qualifikationen und Methodenkompetenzen und der kundenorientierten Interaktion die Voraussetzung für Kundenzufriedenheit und -bindung sind.

Die Sozialkompetenz, deren Bedeutung bei Interaktionsarbeit überragend ist, zielt vorrangig auf Kommunikation und Kooperation; die Sozialkompetenz ist die wesentliche Voraussetzung für das Erfüllen der Unternehmensziele der Steigerung der Servicequalität und Kunden- bzw. Serviceorientierung:

„Ja, klar. Grundsätzlich: Die Mitarbeiter müssen ja mit dem Kunden sprechen, die müssen mit dem Bauleiter gut kommunizieren können.“

Personalleiter RegTec

Ein hervorstechendes Beispiel für die Notwendigkeit von Sozialkompetenz im Technischen Service ist die Störungsbeseitigung: Hier müssen die Beschäftigten von den Kundenunternehmen zunächst die Symptome der Störung erfahren; das Eingrenzen, Lokalisieren und Bestimmen der Störung kann nur in enger Abstimmung mit den Kundenbeschäftigten erfolgen (Ko-Produktion), die mit Blick u. a. auf Wissen oder Sprachkenntnisse ganz unterschiedliche Voraussetzungen in die Interaktion einbringen. Dementsprechend brauchen die Servicetechniker:innen kommunikative Fähigkeiten, um „etwa im Umfeld der Kommunikation zwischen Technikern und Nicht-Technikern, zwischen Fertigungs-, Automatisierungs- und Instandhaltungs-Spezialisten, zwischen Managern und Nicht-Managern“ (Güntner et al. 2015: 14) bestehen zu können. Dementsprechend müssen sie Kontakte knüpfen können, müssen auf ihr Gegenüber eingehen können, benötigen Verhandlungsgeschick, müssen zugleich „standfest und diplomatisch“ (Pfeiffer 2017b: 345) sein etc. Aufgrund der Notwendigkeit der Ko-Produktion bei Interaktionsarbeit kommt der Kompetenz zur Kooperation ebenfalls eine hohe Bedeutung zu: Dazu zählen etwa die Fähigkeit, Konflikte zu lösen, im Team zu arbeiten und konsensorientiert zu agieren. Darüber hinaus ist ein gewisses Einfühlungsvermögen von Vorteil; die Servicetechniker:innen müssen sich in die Kundschaft hineinversetzen können, sie müssen ahnen, welche Wünsche die Kund:innen haben oder was sie meinen könnten, und sie müssen angemessen in den Situationen reagieren (vgl. Lohmann 2019: 25).

Die Selbstkompetenz geht über die berufliche Tätigkeit im engeren Sinn hinaus und umfasst „persönlichkeitsbezogene Grundfähigkeiten“ (Dewe 2010: 112), die auch im privaten Umfeld relevant sind. Für den Technischen Service von besonderer Relevanz ist bei der Selbstkompetenz die Fähigkeit, lebenslang zu lernen, eine Kompetenz, die auf die Fachkompetenz verweist. Die Bereitschaft zu lernen und aktiv neues Wissen aufzunehmen sind notwendig, um den sich permanent verändernden Anforderungen gerecht werden zu können. Auch zählt eine gewisse unternehmerische Kompetenz zur Selbstkompetenz, die weniger ökonomisch gedacht ist, sondern Aspekte wie Eigeninitiative, Innovationsbereitschaft oder Zielorientierung umfasst. Dies spielt für Technische Servicebeschäftigte etwa dann eine Rolle, wenn sie auf unvorhergesehene Aufgaben im Kundenunternehmen stoßen, die nicht mit dem bekannten Instrumentarium gelöst werden können. Weiterhin zählt ethisches Verhalten dazu; die Beschäftigten müssen aufgrund moralischer Grundüberzeugungen ihr eigenes Tun reflektieren.

Neben den geschilderten Qualifikationen und Kompetenzen wird wiederholt – und mit großer Berechtigung – darauf verwiesen, dass Technische Servicebeschäftigte Erfahrung für ihre Arbeit benötigen:

„Ich kann zwar alles nachlesen, aber die Vielfalt, die Bandbreite der Projekte, da bedarf es so einer gewissen Erfahrung und Sicherheit.“

(Abteilungsleiter Service InLog)

Die Einarbeitungszeiten nach der Ausbildung lassen sich nicht in wenigen Wochen oder Monaten beziffern, sondern sind eher in Jahren anzugeben – und das gilt unabhängig von den konkreten Einsatzgebieten in der Projektierung, der Inbetriebnahme, Montage, Instandhaltung, Wartung oder dem Service. Allerdings verändern sich die Ansprüche an Erfahrung: Bezog die sich früher vorrangig auf die berufliche im Sinne von fachlichere Erfahrung, sind heutzutage „der kooperative erfahrungsgeleitete Bezug auf die Technik und auf das menschliche Gegenüber gefordert“ (Pfeiffer 2017c: 351).

Die Erfahrung hat zugleich Rückwirkungen auf die Kompetenzen der Beschäftigten und fördert beispielsweise die Selbstkompetenz:

„Die Erfahrung, was ich da draußen habe und die Flexibilität und auch die Selbständigkeit. Und die Persönlichkeit wird gefördert. Ich sage, du bist oftmals da im Team unterwegs, aber auch mal alleine. Du entwickelst dich persönlich weiter für dein weiteres Berufsleben. Du kommunizierst mit dem Kunden. Du stehst vor technischen Probleme alleine vorm Kunden. Du hast Erfolgserlebnisse, wenn die Anlage wieder läuft.“

Abteilungsleiter Service InLog

In Anbetracht von Industrie 4.0 oder Maintenance 4.0 wird derzeit in der Öffentlichkeit allenthalben die Forderung nach IuK- oder IT-Kompetenzen erhoben:

„IT-Kompetenzen gewinnen mehr denn je an Bedeutung. Fachkräfte, die diese Anlagen warten, inspizieren und instandsetzen, benötigen umfassende fachliche, personale, soziale und methodische Kompetenzen, um anfallende Arbeitsaufgaben bewältigen zu können.“

(Zinke et al. 2017: 24)

Dieser Einschätzung zufolge sind die IuK-Kompetenzen spezielle Ausformungen bzw. Erweiterungen der genannten Kompetenzfelder. Ob diese Sichtweise gewählt wird oder die IT-Kompetenzen als eigenständiges Kompetenzfeld betrachtet werden, ändert nichts an der grundlegenden Bedeutung:

„IuK-Kompetenz muss deutlich mehr umfassen als die reine Bedienung zur Verfügung gestellter IT-Tools – es wird die so genannte Netzkompetenz als zukünftige Kompetenzanforderung in den Blick genommen, zu der neben der rein technischen Handhabung von Netzen Aspekte zählen wie: vernetztes Denken und Handeln, interkulturelle Kompetenz, Sprache und Vertrauensbildung in Netzen, der Umgang mit und die Bewältigung von Mobilität, Risiken und Geschäften in Netzen.“

(Pfeiffer 2017c: 356)

Was sich im Einzelfall genau unter dem Schlagwort IT-Kompetenz verbirgt, wäre zu prüfen; das Ergebnis wäre letztlich auch in die Berufsausbildung zu integrieren (vgl. Zinke et al. 2017: 24 f.).

Was für die Beschäftigten bei Interaktionsarbeit besonders belastend ist?

Der Umgang mit Kund:innen, aber auch die interne Kommunikation, kann für die betroffenen Beschäftigten belastend sein. Die Gründe hierfür sind vielfältig und betreffen in besonderem Maße die psychische Belastung. Eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (Institut DGB-Index Gute Arbeit 2018) hat gezeigt, dass insbesondere bei den personalen, sozialen Dienstleistungen (Sozialwesen, Erziehungswesen etc.) belastende Erlebnisse deutlich häufiger vorkommen als im Durchschnitt der Befragten, bei denen „nur“ 17 Prozent darüber klagen.

Ein deutlich niedrigerer Durchschnittswert dürfte auch für den Technischen Service zutreffen; dies wird bestätigt durch die geführten Interviews in den VISITS-Projektunternehmen; Konflikte mit der Kundschaft sind eher die Ausnahme:

„Das kommt zwar sehr selten vor, aber hin und wieder kommt es vor (…).“

Abteilungsleiter Service InLog

Im Gegenteil: Die Verbundenheit kann so weit gehen, dass enge Kontakte entstehen, wie es ein Servicetechniker beschrieb:

„(…) also eigentlich kennt man fast alle Kunden. Der größte Teil eigentlich, also da sind jetzt wirklich Kunden bei, freundschaftlich (…)“

Servicetechniker AnServ

Die vielfach fehlenden Konflikte erklären sich zwar auch aus der Tatsache heraus, dass viele der Technischen Servicebeschäftigten es mit Stammkund:innen zu tun haben, zu denen eine Art Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde. Relevanter scheint indes zu sein, dass sich die Beschäftigten mit den Kund:innen in zahlreichen Fällen auf einer fachlichen Ebene austauschen können bzw. müssen: Dies gilt etwa, wenn es sich bei den Kundenunternehmen um Großunternehmen handelt, die eine eigene Instandhaltung haben oder bei der Projektierung fachlich versierte Stabsabteilungen haben; dies gilt weniger bei kleinen und mittleren Betrieben, bei denen häufiger die entsprechende fachliche Expertise fehlt. Hier bringt diese Expertise das Technische Dienstleistungsunternehmen mit seinen Beschäftigten ein, so dass eine „Experten-Laien-Kommunikation“ mit einem „Wissensgefälle“ (Hacker 2009: 80) entsteht, welches hilft, Konflikte zu minimieren:

„Wenn unsere Leute dann hinlangen, die wissen sofort, was sie machen müssen, damit relativ schnell die Anlage wieder läuft.“

Business-Unit-Leiter InLog

Wenngleich die Belastung im Vergleich zu anderen Dienstleistungsbranchen in psychischer Hinsicht aufgrund der Kundenkontakte niedriger ausfallen mögen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es nicht gleichwohl Probleme im Prozess gibt, die belastend auf die Beschäftigten wirken. Die erwähnte DGB-Befragung (Institut DGB-Index Gute Arbeit 2018: 14) zeigt, dass erhöhter Stress aus fehlenden zeitlichen Spielräumen, hohen Dokumentationsaufwänden, zu wenig Personal und überzogenen Kundenerwartungen resultieren kann. Diese Faktoren spielten auch in den Projektunternehmen bei den befragten Beschäftigten eine Rolle, so etwa der Termindruck durch eine enge Auftragstaktung (AnServ) oder bei Problemen bei der Inbetriebnahme von Anlagen.

„(…) da hat man über lange Zeit einen hohen Druck gehabt. Und wenn das dann nicht klappt, dann steigt der Druck, und das nimmt man dann auch mit ins Hotel und hat dann ja vielleicht auch schlaflose Nächte. Also mir hat das gar nicht gefallen.“

Teamleiter Service InLog

Dieser Zeitdruck hat nicht nur Auswirkungen auf die jeweils betroffenen Beschäftigten, sondern führt auch zu Problemen etwa bei der Dokumentation, die im Technischen Service von eminenter Bedeutung ist:

 „Es sind oft irgendwelche Dokumentationen, die mit Copy und Paste erstellt wurden, die wurden nicht mehr richtig quergelesen, da sind Sachen beschrieben in den Anleitungen, die es in der Anlage gar nicht gibt, weil es halt reinkopiert wurde. Das ist alles so nach dem Motto: ‚Ich muss das machen, hier habt ihr.‘ Aber das ist alles nicht richtig kontrolliert.“

Teamleiter Service InLog

Auch die interne Übergabe von der Projektierung an den Service ist betroffen:

„Ich bin aber eigentlich seit einer Woche mitten in der Entwicklung für ein Projekt in Polen, das werde ich schieben müssen, das werde ich jetzt nicht hinbekommen, das heißt, meine Hotline-Übergabe, die ich eigentlich schon hätte machen sollen, die ist momentan auch noch nicht erfolgt. Wenn die Hotline-Übergabe nicht erfolgt, komme ich aus dem Projekt nicht heraus. Ja, das ist so der Klassiker.“

Teamleiter Software InLog

Diese Probleme führen nicht nur zu internen Interaktionsproblemen, sondern auch zu Friktionen im Kundenkontakt.

Die fehlende Ressource Zeit hängt eng mit dem Personalproblem zusammen: Neben der in der Öffentlichkeit diskutierten Fachkräftemangel kommen gerade im Technischen Service teilweise die wenig attraktiven Arbeitsbedingungen hinzu: hohe Bereitschaft zur Mobilität, lange Abwesenheitszeiten etwa bei Inbetriebnahmen oder Bereitschaftsdienste:

„Wir suchen seit 2019 weiterhin Personal für mein Team, finden aber niemanden. Ich hatte schon fünf, sechs Bewerber da, aber eben sobald das Thema Bereitschaft, Nachtschicht oder Wochenendarbeit angesprochen wird, dann ist aus.“

Teamleiter Service InLog

Nutzen Guter Interaktionsarbeit

Die bisherigen Ausführungen zeigten, dass Gute Interaktionsarbeit eine Voraussetzung für den ökonomischen Erfolg Technischer Dienstleistungsunternehmen ist. Bei Unternehmenszielen wie Kunden- oder Serviceorientierung hängt deren Realisierung vornehmlich von den eigenen Beschäftigten, etwa im Service, ab:

„Wie schnell, wie kompetent und auch wie freundlich ihm bei der Bewältigung dieses Supportfalls geholfen wird oder die Erstinbetriebnahme abgewickelt wird, prägt meist nachhaltig die Qualität der weiteren Beziehung zwischen Anbieter und Betreiber.“

(Pfeiffer 2017a: 343)

Der Ruf des Unternehmens, beispielsweise in Bezug auf fachliche Kompetenz, mag herausragend sein, wenn die Kund:innen im Gespräch unfreundlich oder arrogant behandelt werden, wird sich dieser Eindruck sehr wahrscheinlich im Kundenunternehmen verfestigen:

„Nicht ohne Grund wird bei der Rekrutierung von neuem Servicepersonal auf Erfahrungen im Technischen Service oft mehr Wert gelegt als auf das Vorhandensein produkt- und verfahrensspezifischer technischer Kenntnisse.“

(Pfeiffer 2017a: 344)

Aus diesen Gründen sollte den Unternehmen daran gelegen sein, ihre Beschäftigten wertschätzend zu behandeln. Aber auch der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt ist ein Antrieb dafür, nicht nur für Kunden-, sondern auch für Mitarbeiterbindung zu sorgen. Das gilt angesichts der langen und aufwendigen Einarbeitungszeiten bei den Fachkräften im Technischen Service in besonderem Maße.

Der Schlüssel hierfür ist die Definition des Aufgabenbereichs und seiner Entscheidungs- und Handlungsfreiräume, die es den Beschäftigten ermöglicht, (unter Einhaltung bestimmter Rahmensetzungen) eigenverantwortlich den Kundenumgang zu steuern. Dazu benötigen die Beschäftigten die entsprechenden Qualifikationen und Kompetenzen sowie Erfahrungen, um „mithilfe eines gezielten Kundenbeziehungsmanagements langfristige und profitable Beziehungen zu den Kunden aufzubauen“ (Lohmann 2019: 18). Die Umsetzung der Kriterien und Anforderungen Guter Interaktionsarbeit wird somit nicht nur helfen, die wirtschaftliche Leistung des Unternehmens anzuheben, sondern zugleich die „Beziehungsorientierung“ (Lohmann 2019: 18) zum Kundenunternehmen sowie die Mitarbeiterbindung steigern. „Spaß an der Arbeit“, ein lernförderliches Arbeitsumfeld sowie ganzheitliche Arbeitsvollzüge mit entsprechenden Autonomiezugeständnissen sind einige der Voraussetzungen, die Ziele zu erreichen.

Literatur

Böhle, F. (2018): Interaktionsarbeit – neue Herausforderungen an eine humane Arbeitsgestaltung. In: Verdi (Hrsg.): Arbeiten mit Menschen – Interaktionsarbeit humanisieren. Band 1. Frankfurt am Main, S. 36-44.

Böhle, F.; Pfeiffer, S.; Sevsay-Tegethoff, N. (Hrsg.) (2004): Die Bewältigung des Unplanbaren. Wiesbaden.

Brumby, L. (2017): Standards und Menschen sind und bleiben die Grundpfeiler der Smart Maintenance. In: M. Henke (Hrsg.): Tagungsband des 17. InstandhaltungsForums. Dortmund, S. 20-29.

Dewe, B. (2010): Begriffskonjunkturen und der Wandel vom Qualifikations- zum Kompetenzjargon. In: T. Kurtz, M. Pfadenhauer (Hrsg.): Soziologie der Kompetenz. Wiesbaden, S. 106-118.

Duden: https://www.duden.de/rechtschreibung/Interaktion

Erpenbeck, J.; Sauter, W. (2013): So werden wir lernen! Kompetenzentwicklung in einer Welt fühlender Computer, kluger Wolken und sinnsuchender Netze. Berlin/Heidelberg.

Güntner, G.; Benisch, M.; Dankl, A.; Isopp, J. (Hrsg.) (2015): Forschungs- und Entwicklungs-Roadmap der Instandhaltung 4.0. Salzburg.

Hacker, W. (2009): Arbeitsgegenstand Mensch. Lengerich.

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